Vom Umgang mit Krisen an den Aktienmärkten
Das Ziel der Kapitalanlage vieler Anleger ist der Erhalt des Kapitals nach Kosten, Steuern und Inflation, also der sogenannte reale Kapitalerhalt bzw. die Bewahrung der heutigen Kaufkraft auch in der Zukunft.
Zur Erreichung dieses Ziels sind Aktienanlagen notwendig. Auf (sehr) lange Sicht folgt der Wert des Eigenkapitals und damit der Aktienkurs der Gewinnentwicklung der Unternehmen, die maßgeblich vom Realwachstum der Wirtschaft, der Inflation und der Produktivitäts-entwicklung der Unternehmen selbst bestimmt wird.
Allerdings führt der permanente Handel von Aktien täglich zu einer neuen Beurteilung von Chancen und Risiken. Da Kauf- und vor allem Verkauf-Entscheidungen gerade in Krisenzeiten auch von Emotionen geprägt werden, fallen die Kursrückschläge groß aus. Dementsprechend schwanken die Kurse von Aktien im Vergleich zu anderen Anlagen wie Direktbeteiligungen und Private Equity oder Immobilien vermeintlich stärker, deren Preise allenfalls quartalsmäßig festgestellt werden.
Auch existiert für die erwartete Aktienrendite kein Fixpunkt wie bei Anleihen. Bei Zinspapieren kennt man die zu erwartenden jährlichen Zinszahlungen und den voraussichtlichen Rückzahlungsbetrag. Dagegen existiert für die Dividenden und das Kurspotential von Aktien formal keine Obergrenze, aber auch der Totalverlust ist möglich. Auch das führt zu Kursschwankungen.
Börsen sind deshalb keine Einbahnstraßen. In der nachfolgenden Grafik sind die Jahresergebnisse und maximalen unterjährigen Kursrückgänge des amerikanischen Aktienindex S&P 500 seit 1980 dargestellt. Wie daraus ersichtlich ist, weisen 22 der letzten 41 Jahre unterjährige Kursrückgänge von mehr als -10 % auf. In acht Jahren waren diese sogar größer als -20 %, fünf Mal davon sogar größer als -30 %. Negative Jahresergebnisse verzeichnete der Index ebenfalls acht Mal.
Mark Twain, der auch ein hervorragender Investor war, sagte einmal, die Geschichte wiederhole sich nicht, aber sie reime sich. Auch wenn jede Krise anders verläuft, geht ihr meist eine Phase mit großem Optimismus voraus, die in ungezügelte Gier umschlägt und die Kurse extrem schnell ansteigen lässt.
Das Ende des Booms wird häufig durch eine restriktivere Notenbankpolitik eingeläutet. Daraufhin kühlt sich die boomende Konjunktur ab und die Finanzierungsbedingungen verschlechtern sich. Gleichzeitig wollen oder müssen viele Investoren verkaufen, was die Abwärtsspirale verstärkt. In der Folge melden auch namhafte Unternehmen Konkurs an. Aber erst dann wird in der Breite anerkannt, dass die Erwartungen und damit auch die Kurse zuvor zu hoch waren und es sich um eine spekulative Preisblase gehandelt hat.
Je größer die Blase, desto schmerzhafter die Bereinigung, wie die folgenden Beispiele zeigen:
Eine der ersten verbrieften Spekulationsblasen war die Tulpenhausse in den Niederlanden. Zum Höhepunkt 1637 wurden drei seltene Tulpenzwiebeln gegen eine Brauerei in Utrecht getauscht. Als die Spekulationsblase platzte, stürzten eine Vielzahl von Konkursen die Wirtschaft in eine schwere Krise, die auch den Auftragsmaler Rembrandt schwer traf. Er starb 1669 völlig verarmt.
Der Wirtschaftsaufschwung der „Roaring Twenties“ des 20. Jahrhunderts neigte sich bereits dem Ende entgegen, doch angetrieben von einer Vielzahl von Privatanlegern („Dienstmädchenhausse“) stiegen Aktien weiter. Der Börsencrash am 29. Oktober 1929 markierte den Beginn der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre. Abkapselung der Staaten, falsche Konjunkturmaßnahmen und der Zusammenbruch des internationalen Finanzsystems verstärkten ihre rezessive Wirkung gegenseitig.
Erst 25 Jahre und einen Weltkrieg später übertraf der Dow Jones den damaligen Höchststand von 381 Punkten wieder. Inzwischen hat er die Marke von 30.000 übersprungen.
Japan galt in den 80er Jahren dank seiner wirtschaftlichen Dynamik und Innovationskraft als Motor der Weltkonjunktur. Begünstigt von einer expansiven Geldpolitik und der damit verbundenen steigenden Verschuldung stiegen die Preise am Aktien- und Immobilienmarkt in schwindelerregende Höhen.
Der Anteil Japans am MSCI Weltaktienindex betrug damals fast 40 %, der Anteil an der Wirtschaftsleistung dagegen nur 15 %. Zum Vergleich: Derzeit haben die USA einen Anteil am MSCI‑Index von rund 65 %, sind aber nur für etwas weniger als ein Viertel der weltweiten Wirtschaftsleistung verantwortlich.
Der Börsenwert der Nippon Telephone & Telegraph (NTT) übertraf seinerzeit den aller an deutschen Börsen gelisteten Unternehmen. Auch hier ein aktueller Vergleich: Die Marktkapitalisierung von Apple, der derzeit wertvollsten Firma, übertraf im letzten Sommer beispielsweise die des gesamten koreanischen Marktes – inklusive des Elektronik-Riesen Samsung.
Unerreicht bleiben die damaligen Immobilienpreise. Der Wert des Kaiserpalastes in Tokio entsprach in etwa dem ganzen Immobilienmarkt Kaliforniens.
Die Party endete, als die japanische Notenbank die sich überhitzende Konjunktur mit Zinserhöhungen bekämpfte. Die Aktienkurse kollabierten und sind wie die Grundstückspreise von den damaligen Höchstständen immer noch weit entfernt. Die seinerzeit entstandenen faulen Kredite belasteten japanische Banken noch Jahrzehnte lang.
Auch den jüngsten großen Kapitalmarktkrisen gingen Exzesse voraus wie die Technologieblase 1999/2000 und die Immobilienblase in den USA im Vorfeld der Finanzkrise 2008. Nach den Erfahrungen aus vorausgegangenen Krisen stemmten sich die Notenbanken unterstützt von den Regierungen speziell seit der Finanzkrise 2008 frühzeitig mit sehr expansiver Geldpolitik dagegen, was die realwirtschaftlichen Folgen im Vergleich zu früheren Krisen abschwächte. Dennoch dauerte die Bereinigung an den Börsen Jahre und die realwirtschaftlichen Konsequenzen sind zum Teil heute noch zu spüren.
Die Corona-Krise ist dagegen anders gelagert und ungewöhnlich. Sie wurde durch externe Faktoren und insbesondere durch die politischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Virus ausgelöst. Die drohende tiefe Rezession ließ die Kurse von Aktien und vieler riskanterer Anleihen gleichzeitig abstürzen.
Mit den daraufhin eingeleiteten, bis dato beispiellosen Rettungsmaßnahmen von Regierungen und Notenbanken sowie der gleichzeitigen Ankündigung quasi unerschöpfliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen, kehrte wieder Zuversicht an die Märkte zurück. Statt der in Krisenzeiten üblichen Kreditklemme überschwemmte Liquidität die Märkte. Da insbesondere in den USA die Zinsen deutlich zurückgingen, war es auch nicht mehr attraktiv, sich in den üblichen sicheren Anlagen wie deutsche und US-Staatsanleihen zu engagieren. Die Folge war der für viele überraschende Börsenaufschwung seit Ende März letzten Jahres.
Krisen sind auch ein Zeichen des Wandels von Wirtschaft und Gesellschaft sowie Ausdruck des Fortschritts. Der Ökonom Joseph Schumpeter formulierte die These, dass jede bedeutende ökonomische Entwicklung auf dem Prozess der schöpferischen, kreativen Zerstörung aufbaue. Solche grundlegenden Veränderungen gehen mit bahnbrechenden technologischen Innovationen einher. Durch die Veränderung von Produktionsfaktoren werden alte Strukturen verdrängt, um Raum für eine Neuordnung zu schaffen.
Aktuell zeigt sich die enge Verzahnung von Wirtschaft, Gesellschaft und Kapitalmärkten ganz besonders. Beispielsweise führt die Digitalisierung nicht nur in der Arbeitswelt zu einem signifikanten Wandel. Vielmehr verändert sie das Verhalten und die Lebensgewohnheiten weiter Teile der Bevölkerung stark. Dies beinhaltet große politische und gesellschaftliche Herausforderungen, aber eben auch enorme Investitionschancen.
Die Börse geht dabei der Realwirtschaft typischerweise voraus – manchmal sogar sehr weit. Im Falle der Technologieblase um die Jahrtausendwende wurden die Kurse von Internet-Unternehmen in die Höhe getrieben, die heute gar nicht mehr existieren. Die Börse nahm damals Entwicklungen vorweg, die erst Jahre später eintraten. Wie wir heute wissen, wurden die damaligen Vorstellungen inzwischen von der Realität bei weitem übertroffen.
Man ahnte, dass etwas Großes kommen würde, aber dass ein Unternehmen wie Amazon später als Quasi-Monopolist in weiten Teilen der Welt nicht nur den Online Handel dominieren würde, sondern auch große Auswirkungen auf das Kaufverhalten und dadurch auch auf das zukünftige Erscheinungsbild von Städten und Gemeinden haben sollte, hatte damals wohl keiner vorausgesehen. Jack Ma, einer der Gründer des chinesischen Internetriesen Alibaba und einer der reichsten Unternehmer Chinas, sagte auch deshalb, es gibt keinen Experten für die Zukunft.
Aus diesem Grund sollten sich Anleger in Ruhe einen Fahrplan erstellen, den sie auch in stürmischen Zeiten einhalten können. Zwar sind im Umfeld von Krisen große Vermögen entstanden, aber auch eine Vielzahl großer Vermögen vernichtet worden.
Dabei war oft der kreditfinanzierte Anteil der Kapitalanlagen zu hoch. Bei Immobilien sind Fremdfinanzierungen gang und gäbe, bei Aktien dagegen Spekulation. Sinkt der Wert der fremdfinanzierten Anlage unter den Wert des Kredits, muss dieser aus anderen Vermögens-teilen schlussendlich bedient werden. Anstelle des erhofften positiven Effektes durch die Kreditfinanzierung (Leverage) auf die Rendite, kommt es dann zu einer Kapitalvernichtung.
Doch auch ohne Kreditfinanzierung ist Gefahr in Verzug, wenn die Gebote kaufmännischer Vorsicht allzu weit gedehnt werden. Bahnbrechende Neuerungen, die gravierende Struktur-veränderungen in Aussicht stellen, beflügeln beispielsweise die Phantasie der Anleger, die dann Risiken ausblenden oder gar ignorieren. Aktuelle Wachstumsraten werden in die Zukunft fortgeschrieben und herkömmliche Bewertungsmaßstäbe über Bord geworfen. Verleitet von solch überzogenen Erwartungen richten Anleger ihr Portfolio immer einseitiger auf den neuen Trend aus, denn nun verändert sich alles: „Dieses Mal ist alles anders!“
Dies kann kurzfristig zwar zu großen Vermögenszuwächsen führen, weil die über-proportionalen Kursbewegungen die entsprechenden Gewichtungen im Portfolio erhöhen. Den richtigen Absprung in der Euphorie schaffen aber nur wenige. Der Großteil der Anleger sieht zunächst die Kurse in sich zusammenfallen, um dann entnervt auf einem viel tieferen Niveau zu verkaufen.
Die beste Vorbereitung auf eine Krise ist deshalb eine langfristige Anlagestrategie und eine breite Aufteilung des Vermögens auf verschiedene Anlageklassen. Es gibt unzählige kluge Bücher und wissenschaftliche Ausarbeitungen zu dem Thema. Unsere Erfahrung ist jedoch, dass es keine allgemeingültige bzw. ideale Asset Allokation gibt, da Vermögensinhaber ganz unterschiedliche Ausgangslagen mit entsprechend individuellen Restriktionen haben. Das wichtigste Kriterium ist, dass sich Anleger mit ihrem Vermögen und den damit verbundenen Risiken wohl fühlen müssen – unabhängig von der jeweiligen Marktphase.
Ein wesentlicher Aspekt dabei ist die Diversifikation über verschiedene Anlageklassen. Neben den hinlänglich bekannten wie Aktien oder Anleihen, Gold und anderen Edelmetallen, eigen- und fremdgenutzten Immobilien sowie Beteiligungen, zählen auch Versicherungen und Rentenansprüche dazu. Aber auch verschiedene Kapitalanlagen, für die ein besonderes Interesse der Vermögensinhaber besteht, wie Kunst oder Oldtimer, bedürfen der Berücksichtigung.
Jede dieser Anlageklassen hat eigene Werttreiber und beinhaltet unterschiedliche Renditeerwartungen, die aber auch Wertschwankungen mit sich bringen. Durch die Vermögensstrukturierung, d. h. die Kombination verschiedener Anlageklassen, lassen sich Risiken reduzieren, da sich deren Kursschwankungen zum Teil stark voneinander unterscheiden und in einigen Fällen sogar gegenläufig sind, wodurch Kurseinbrüche beispielsweise bei Aktien zum Teil deutlich abfedert werden. Aber auch die Diversifikation über Regionen und vor allem auch Währungen dient dem Ausgleich von Kursschwankungen. Diese Effekte fallen umso größer aus, je ausgewogener das Gesamtportfolio ist. Dennoch lassen sich negative Auswirkungen von Krisen im Vermögen nie ganz vermeiden.
Damit Anleger ruhig bleiben und die Krise im wahrsten Wortsinn „Aussitzen“ können, ist die Kenntnis und auch das Eingeständnis der eigenen Risikotragfähigkeit von essentieller Bedeutung. Je größer die Lücke zwischen den Kursverlusten, die man glaubt, ertragen zu können, und den dann in tatsächlichen Turbulenzen ertragenen ist, desto größer ist die Gefahr, in einem Panikverkauf die langfristige Strategie über den Haufen zu werfen.
Der Ökonom und Verhaltensforscher Thorsten Hens vergleicht die Anlagestrategie mit einer Ehe, denn das Schlimmste und Teuerste, was Anleger tun können, sei, alle paar Jahre zu wechseln. Sinnvoller wäre stattdessen das regelmäßige Erneuern des Eheversprechens bzw. das Rebalancing des Portfolios in Zeiten extremer Kursausschläge.
Wird ein Vermögensteil zu groß, stutzt man ihn wieder zurück, wird er zu klein, füllt man den Topf mit Geld aus anderen Vermögensteilen, die sich zuletzt besser entwickelt haben, wieder auf. Dabei helfen Anlagerichtlinien, die verbindliche Ober- und Untergrenzen für die unterschiedlichen Anlageklassen beinhalten.
Solche Regeln, in ruhigen Momenten festgelegt und konsequent angewendet, erweisen sowohl in Hochphasen als auch in Krisenzeiten nützliche Dienste. Denn dadurch wird das Portfolio unabhängig von der Marktphase wieder auf die in der Anlagestrategie festgelegte Kanäle zurückgeführt. Ein solches Rebalancing ist die einfachste Art des Risiko-managements, das zudem sehr effektiv und kostengünstig ist.
Idealerweise kann man im Krisenfall aus der Not eine Tugend machen, was aber eine gewisse Vorbereitung erfordert. So lassen sich auf gedrückten Kursniveaus Opportunitäten gezielt ausnutzen. Dies erfordert nicht nur Mut, dann einzusteigen, sondern vor allem auch einen ausreichend vorgehaltenen Liquiditätspuffer.
Eine andere Möglichkeit, eine Krise sinnvoll zu nutzen, kann beispielsweise die Schenkung eines Aktiendepots im Rahmen des vorzeitigen Vermögensübergangs sein. Ist das Depot „unter Wasser“, reduziert dies einerseits die Schenkungssteuerlast und andererseits kommt das Rückerholungspotential den Beschenkten zugute. Doch auch hierfür bedarf es einer Vorplanung, damit in der Krise schnell reagiert werden kann.
Grundsätzlich fällt uns der Umgang mit Krisen jedoch eher schwer. Daran haben auch die Medien eine Mitschuld, bei denen die Krise und ihre Folgen die Nachrichten dominieren. Die Fokussierung darauf führt dazu, dass man sich auf Dinge konzentriert, die kurzfristig dominant, langfristig aber eher von geringerer Bedeutung sind. Eine solche Stimmungslage begünstigt den Herdentrieb. Je mehr Anleger verkaufen und je weniger kaufen, desto stärker kollabieren die Kurse.
Die Fokussierung auf die Krise führt auch dazu, dass Anleger nahezu ausschließlich auf den Vermögensteil achten, der besonders betroffen ist. Stattdessen wäre es besser, sich auf die geringeren Auswirkungen auf das Gesamtvermögen zu konzentrieren.
Stellen Sie sich vor, ein Viertel eines breit diversifizierten Vermögens ist in Aktien angelegt. Und stellen Sie sich weiter vor, dass sich der Wert dieses Depots in einem Aktiencrash (zwischenzeitlich) halbiert; ein furchtbares Extremszenario, das aber – wie aus der Grafik auf Seite 1 ersichtlich – nicht ausgeschlossen ist.
Allerdings werden bei einer ausreichend großen Diversifikation weite Teile des Vermögens vom Aktiencrash zunächst gar nicht betroffen sein wie z. B. Immobilien. Andere Anlagen wie Staatsanleihen hoher Bonität oder Edelmetalle korrelieren möglicherweise negativ und können im Wert steigen, so dass die maximale Wertschwankung des Gesamtvermögens am Ende mit rund -10 % voraussichtlich deutlich geringer ausfällt.
Aber nicht nur diese Relativierung der Auswirkungen einer Krise fällt vielen Anlegern schwer. Häufig beschleicht sie auch das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. So wurde noch beinahe jede Krise so lange vorausgesagt, bis sie endlich eingetreten ist. Genauso wurde auch der darauffolgende Aufschwung richtig vorhergesagt. Allerdings sind Crash‑Propheten und Berufsoptimisten grundsätzlich nicht ein und dieselbe Person.
Vor der Krise auszusteigen und anschließend zum richtigen Zeitpunkt wieder einzusteigen ist leider eine in der Praxis nicht umsetzbare Wunschvorstellung, allenfalls ein einzelner Glücksfall. Der Aufschwung geht typischerweise nach den ersten eindringlichen Warnungen noch lange weiter und auch die Kurskorrektur erstreckt sich oft über Monate hinweg und wird zum Teil von abrupten Trendwechseln unterbrochen. Zwischenzeitliche Erholungen können sich schnell als Fehlsignale entpuppen, bevor die Kurse erneut abstürzen. Denn Kapitalmärkte neigen in Extremphasen dazu, nicht nur nach oben, sondern auch nach unten zu übertreiben.
Doch selbst dann, wenn die eigentliche Krise an den Börsen vorbei ist, ist sie in den Köpfen der Anleger noch nicht verarbeitet. Derzeit reiben sich Viele verwundert die Augen: Schuldenexplosion und verringerte Wirtschaftsaktivität bei gleichzeitig rekordhohen Börsen – wie passt das zusammen? Insofern scheuen sich Anleger, die zuvor ausgestiegen sind, das Risiko wieder zu erhöhen und verpassen so den Aufschwung.
Dabei sind Phasen mit großer Skepsis grundsätzlich positiv für die Börsen. Vorsicht ist, wie ausgeführt, dagegen dann angebracht, wenn sich die Zweifel verflüchtigen, weil dies oft mit Übertreibungsphasen einhergeht.
Summa summarum ist es wichtig, permanent investiert zu sein, auch wenn nach der Krise immer auch vor der nächsten Krise ist. Zahlreiche Studien belegen, dass sich die langjährige Rendite erheblich reduziert, wenn die besten Börsentage fehlen. Diese finden typischerweise kurz nach den schlechtesten statt, also noch mitten in der Krise.
Die Kapitalmärkte kamen noch immer auch aus den größten Krisen heraus. Dennoch gibt es auch Beispiele von einzelnen Anlagen, deren Preise nicht mehr an frühere Höchststände heranreichen. Japanische Aktien notieren beispielsweise gemessen am Standardwerte-Index Nikkei 225 noch immer rund 40 % unter dem damaligen Hoch, wohingegen sich alle namhaften Börsen auf erheblich höherem Niveau als seinerzeit befinden.
Diese Zuversicht, gepaart mit einer breiten Diversifikation, eine krisenfeste, nicht einseitig ausgerichtete Anlagestrategie und kontinuierliches Rebalancing sind die Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Agieren in der Krise. Im Idealfall haben Anleger zudem professionelle und vertrauenswürdige Partner, die ihnen dabei helfen, die unvermeidlichen Phasen mit hohen Kursschwankungen geduldig, gelassen und vor allem weitgehend emotionslos auszuhalten. Denn das eigentliche Risiko beim Investieren sind nicht vorübergehende Kursschwankungen, sondern das Risiko, Geld unwiederbringlich zu verlieren.
Das größte Risiko gehen übrigens diejenigen ein, die gar kein Risiko eingehen, denn die werden das Ziel des realen Kapitalerhalts mit Sicherheit nicht erreichen.