Ausblick 2019: Kurse machen Nachrichten
Das Jahr 2018 ist zu Ende - das erste Jahr seit 2011, in dem die Aktienmärkte per Saldo rückläufig waren. Darüber hinaus sind auch die Preise der anderen wesentlichen Assetklassen zurückgegangen. Aktuell stellt sich daher die Frage, ob sich diese Entwicklung im neuen Jahr fortsetzen wird oder ob das derzeitige Kursniveau ein guter Zeitpunkt für Zukäufe ist.
Schon seit Monaten ist der Presse zu entnehmen, dass Rezessionsgefahren drohen, dass große politische Risiken im Raum stehen, letztendlich dass die Kursrückgänge nicht ohne Grund stattgefunden haben bzw. stattfinden. So erscheint es nur folgerichtig, im aktuellen Umfeld mit größter Vorsicht zu agieren.
Doch schauen wir uns einmal die Fakten an. Die Wirtschaft wächst und sie wird vermeintlich mit großer Wahrscheinlichkeit im Jahr 2019 wachsen, wenn auch mit reduziertem Tempo. Ein wesentlicher Teil der dämpfenden Faktoren in der zweiten Jahreshälfte, die deutschen Unternehmen zur Last gefallen sind und damit die Datenlage belastet haben, dürften sich kaum wiederholen, da es sich um Sonderfaktoren handelt: da ist zum einen die Absatzproblematik der Automobilhersteller, die auf den neuen Abgasbestimmungen basieren, und da ist auch das Niedrigwasser des Rheins zu benennen, das insbesondere der BASF zum Problem wurde. Die ausgezeichneten Unternehmensergebnisse der letzten Jahre, die in Spitzenwerte bei den Dividendenzahlungen und niedrige Werten bei den Bewertungskennzahlen gemündet sind, spiegeln sich in den Börsenkursen kaum wieder.
Andererseits haben die angeblich großen politischen Probleme der jüngeren Vergangenheit stets einen erstaunlich unspektakulären Ausgang gefunden. Die Drohungen des US‑Präsidenten Trump mit Einfuhrzöllen haben im Falle von Kanada und Mexiko schnell zu einem „Deal“ geführt, davon spricht heute niemand mehr. Was spricht dagegen, dass dies auch mit China in den nächsten Monaten passiert? Die Budgetüberschreitungen Italiens drohten die EMU in eine neue Krise zu stürzen. Plötzlich einigte man sich, das Defizit von 2,4 auf 2,04 % zu senken, was mit überschaubaren Privatisierungen möglich gemacht werden konnte. Was spricht dagegen, dass man mit Großbritannien nicht auch Regelungen findet, die Schlimmeres verhindern?
Insgesamt glauben wir, dass zuletzt für die negative Börsenentwicklung Meldungen gefunden wurden, die diese rechtfertigen – und nicht umgekehrt. Die ganz großen Kursrückgänge gab es in den USA in erster Linie bei den FAANG-Aktien, die vorher fulminant gestiegen waren. Deren Anstieg hat gerade in Deutschland kaum den allgemeinen Aktienmarkt mit nach oben gerissen, beim Abschwung war dies aber sehr wohl möglich. German Angst? Auf jeden Fall beinhalten die Aktienpreise heute schon sehr viel Ungemach. Sollte ein weiterer Wachstumsrückgang tatsächlich eintreten, ist die Frage, wie umfangreich er ausfällt. Nachdem die Investitionen der Unternehmen in den letzten Jahren eher moderat ausgefallen sind, sollte sich das Rückschlagspotential der Wirtschaft im Rahmen halten. Darüber hinaus ist das Leben immer eine Frage von Alternativen – und die große Alternative zu Aktien sind im liquiden Anlagesegment Liquidität und Anleihen. In diesen beiden Segmenten sehen wir die größten Fehlallokationen, die aus der ultralockeren Zentralbankpolitik entstanden sind. Die Zinsen sind im gesamten Laufzeitenband niedrig, die kurzen Zinsen wegen der Leitzinsen und die langen Zinsen wegen der Anleihekäufe der Zentralbanken. Die Liquidität ist in Europa durch das Bankensystem, das im Gegensatz zu den USA nach 2008 nicht restrukturiert wurde, nach wie vor mit Risiken behaftet. Sollte es zu neuen Problemen im Finanzsystem kommen, wird man es sehr schnell spüren. Insgesamt sind dies weitere Argumente, die für die Aktien gegenüber Nominalwerten sprechen.
Freilich wissen auch wir nicht, welche psychologischen Effekte die Börsen kurzfristig treiben werden, langfristig sollten die Kurse allemal die Entwicklung der Unternehmen widerspiegeln. So wie Kostolany gesagt hat, dass die Kurse Nachrichten machen und nicht die Nachrichten Kurse, so hat er auch die Börse mit einem Hund verglichen, welcher an der Leine mit einem Spaziergänger, der Wirtschaft, mitgeht, dabei aber immer wieder dem Spaziergänger voraus und hinterher eilt. Derzeit liegen die Aktienkurse mehr als 20 % hinter den ehemaligen Höchstkursen zurück, ohne dass zwischenzeitlich eine Rezession o. ä. eingetreten ist. Zum teuersten Zeitpunkt kauft man derzeit also schon einmal nicht. Es bleibt selbstverständlich jedem selbst überlassen, die aktuelle Situation als Voraus- oder Hinterher‑Eilen zu interpretieren.